Vor der Messe noch ins Trainingslager

Salesbusiness

Ausgabe: 01.10.2005

Vor der Messe noch ins Trainingslager

Ein Messeauftritt kann ein Unternehmen schnell einige 100.000 Euro kosten. Entsprechend professionell sollte er geplant werden, insbesondere von Investitionsgüterfirmen, deren Produkte nicht selbsterklärend sind.

Das hat der Pumpen- und Armaturenhersteller KSB aus Frankenthal erkannt und seine Mitarbeiter auf den Besuch der ISH in Frankfurt intensiv vorbereitet.

Entsprechend langfristig und gezielt plante das Unternehmen auch seinen Auftritt auf der internationalen Fachmesse für Gebäude- und Energietechnik ISH in Frankfurt am Main im März 2005, laut Maier „die wichtigste gebäudetechnische Messe für KSB“. Bereits ein Jahr vor Messebeginn überlegten sich die Verantwortlichen: Welche Ziele wollen wir auf der ISH erreichen und wie sollen wir uns dort präsentieren? Die Antwort: Wir wollen uns weniger als Pumpen- und Armaturenhersteller präsentieren – als solchen kennen uns die meisten Messebesucher ohnehin. Wir wollen uns vielmehr als Komplettanbieter präsentieren, dessen Systemlösungen zum Beispiel Anlagenplanern, -bauern und -betreibern helfen, Zeit, Geld und Energie zu sparen. Außerdem wollen wir auf der Messe auch mit Stammkunden kommunizieren und Einsatzerfahrungen austauschen, damit wir uns permanent  weiterentwickeln und verbessern. Primär möchten wir aber mit Neukunden in Kontakt treten und mit ihnen, auf der Messe selbst oder anschließend, qualifizierte Besuchstermine vereinbaren. Die nächste Frage lautete: Welche Produkte wollen wir auf der Messe primär promoten? Die Wahl fiel auf das System BOA Systronic, mit dem die Heizkreisläufe zum Beispiel großer Wohnkomplexe und Krankenhäuser so gesteuert werden können, dass bis zu 70 Prozent Energie gespart und kleinere Pumpen und Armaturen benötigt werden. Das zweite „Produkt“ war der PumpDrive, ein speziell für Pumpen entwickelter Integral- Frequenzumrichter mit einer Leistung von bis zu 45 kW. „Hier hat KSB ein Alleinstellungsmerkmal. Außerdem ist der PumpDrive auf viele Motoren nachrüstbar. Auch dies gibt es noch nicht auf dem Markt“, erläutert Norbert Maier. Entscheidend war bei der Planung schließlich die Vorbereitung der Standmitarbeiter. „Auf Messen wird bildhaft gesprochen“, sagt Norbert Maier. „Die Standmitarbeiter müssen für die präsentierten Problemlösungen sprechen, wenn diese nicht für sich selbst sprechen. Hierin müsse sie geschult werden.“ Denn die Gesprächssituation auf Messen ist eine andere als im Vertriebsalltag. „Wenn die  Vertriebsmitarbeiter im Alltag einen Kunden besuchen, haben sie in der Regel einen Termin“, sagt Harald Klein, Verkaufstrainer und -berater beim Beratungsunternehmen Peter Schreiber & Partner, der die Standmitarbeiter von

„AUF MESSEN MUSS IMMER BILDHAFT GESPROCHEN WERDEN.“

KSB auf die ISH vorbereitete. „Sie kennen zudem den Namen des Kunden und meist kennen sie auch in etwa dessen Bedarf. Entsprechend gezielt können sie sich vorbereiten.“ Bei Messen hingegen müssen die Vertriebsmitarbeiter aktiv auf ihnen unbekannte Personen zugehen, diese ansprechen und „versuchen in kurzer Zeit ihren Bedarf zu erkunden und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen“. Dies bereitet selbst routinierten Verkäufern oft Schwierigkeiten. Norbert Maier nennt einen weiteren Grund, warum eine Messevorbereitung nötig ist: „Die Messeziele von KSB sind oft von Messe zu Messe verschieden, auch die Produkte beziehungsweise Problemlösungen, die wir präsentieren, variieren. Deshalb ist es von  Nutzen, wenn sich unsere Mannschaft vor Messebeginn in ein ,Trainingslager zurückzieht, um dort die Strategie zu besprechen und das taktische Vorgehen zu üben.“ Dies ist insbesondere dann nötig, wenn plötzlich – wie bei der ISH – 40 Männer und Frauen als Team agieren sollen, die sich im Arbeitsalltag kaum sehen. „Dann muss sich das Team erst finden.“ Außer dem sind viele organisatorische Fragen zu klären. Wer macht was? Wann sollte bei einem Standgespräch die Übergabe an die Spezialisten für bestimmte technische Lösungen erfolgen? Wie sollte sie erfolgen? Welche Infos müssen in den Gesprächsberichten stehen, damit eine wirkungsvolle Nachbearbeitung möglich ist? Alle diese Fragen wurden bei einem zweitägigen Training zwei Wochen vor Beginn der Messe erörtert. Dort stellte Verkaufsleiter Norbert Maier den Standmitarbeitern zunächst die Messeziele vor. Außerdem rechnete er ihnen anhand der Erfahrungen der beiden vorangegangenen ISH-Besuche vor, wie viele qualifizierte Messegespräche geführt werden müssen,

  • um die angestrebte Zahl x von (Neu-) Kundenbesuchen zu erreichen,
  • aus denen dann y Aufträge
  • mit einem Durchschnittsvolumen von z Euro resultieren,

so dass sich die Messebeteiligung für KSB lohnt. Hieraus leitete er die Zielvorgaben für das Team ab. Anschließend folgte das eigentliche Training, das sich weitgehend an den sieben Phasen eines Messegesprächs orientiert (siehe Kasten): Dieses strukturierte Vorgehen ist laut Trainer Klein bei der Messevorbereitung sinnvoll, da Messegespräche in der  Regel maximal zehn bis zwölf Minuten dauern sollten. Entsprechend zielorientiert müssen sie geführt werden. Deshalb sollten die Standmitarbeiter „einen klaren Gesprächsleitfaden mit qualifizierten Fragen und Argumentationen im Hinterkopf haben“. Häufig stellt man bei der Analyse des Gesprächsverhaltens von Standmitarbeitern fest, dass sie zu Beginn des Gesprächs zum Beispiel nicht ausreichend ermitteln: Welcher Kundentyp steht mir eigentlich gegenüber? Ein Fachmann, der primär an technischen Details interessiert ist? Oder ein Entscheider, der sich in erster Linie für den Nutzen der Technik und weniger für technische Details interessiert? Nicht gezielt ermittelt werden oft auch der Bedarf des Besuchers und seine Nutzenerwartung. Folglich kann der Standmitarbeiter auch die

GESPRÄCHSFADEN MIT FRAGEN UND ARGUMENTATION ERSTELLEN.

Problemlösung nicht so präsentieren, dass das Interesse des Besuchers geweckt wird. Nur selten wird zudem erfragt: Wie weit ist die Kaufentscheidung fortgeschritten? Liegen dem Besucher alternative Angebote vor? Was schätzt er (nicht) an ihnen? Und was könnten wir folglich tun, um uns als der kompetentere Partner zu profilieren? „Nur wenn der Standmitarbeiter diese Informationen hat, kann er dem Besucher das Produkt so präsentieren, dass ihm dessen Mehrwert deutlich wird“, betont Norbert Maier. Also trainierten die KSB-Mitarbeiter dies im Seminar – vorwiegend in Rollenspielen. professionell führen zu können, analysierten die KSB-Mitarbeiter auch, welche besonderen Leistungsmerkmale die KSB-Systeme wie BOA Systronic und PumpDrive haben. Daraus leiteten sie ab, welcher Nutzen sich für die Kunden ergibt. Dabei wurde, so Klein, „gezielt zwischen technischem, ablauf-organisatorischem, sozial- menschlichem und kaufmännischwirtschaftlichem Nutzen unterschieden, weil ein Manko vieler Messegespräche ist, dass sie sich zu 90 Prozent um den technischen Nutzen drehen“.

IMMER KONKRETE VEREINBARUNGEN MIT DEN STANDBESUCHERN TREFFEN.

Viel Zeit wurde im Seminar auch auf das Initiieren der nächsten Schritte verwendet, denn oft stellt man auf Messen fest, dass die Standmitarbeiter „zwar endlos mit den Besuchern schwatzen, doch dann gehen sie wieder auseinander, als hätten sie sich zum Kaffeeklatsch getroffen“, kritisiert Klein. Das heißt, es werden mit dem Besucher weder konkrete
Vereinbarungen getroffen, noch die Informationen, die der Standmitarbeiter erhielt, ausreichend dokumentiert. Die Folge: Die Gespräche verpuffen, selbst wenn sie noch so erfolgversprechend sind. Also übten die KSB-Mitarbeiter auch, mit Besuchern konkrete Vereinbarungen zutreffen – jedoch nicht reaktiv, sondern aktiv. Zum Beispiel so: „Als nächsten Schritt empfehle ich, dass wir Ihnen … senden. Wann darf dann mein Kollege bei Ihnen anrufen, um …“ Die weitestgehende Vereinbarung, die auf Messen meist getroffen wird, ist: Wir schicken Ihnen nähere Informationen. „Und einige Wochen später“, konstatiert Norbert Maier, „erhält der Besucher dann nichtssagendes Prospektmaterial – häufig das gleiche, das er sich schon auf der Messe eingesteckt hat.“ Dies wollte KSB vermeiden. Deshalb übten die KSBMitarbeiter auch, mit den Besuchern, sofern Bedarf und nötiges Potenzial vorhanden sind, weitergehende Vereinbarungen zu treffen: zum Beispiel einen konkreten Besuchstermin zu vereinbaren.

Hersteller von Wurstwaren haben es einfach. Sie müssen, wenn sie eine Messe besuchen, nur einige belegte Brötchen schmieren und den Standbesuchern reichen. Ein Biss genügt und schon wissen die Besucher: Schmeckt die Wurst oder nicht? Hersteller technischer Investitionsgüter haben es da schon schwerer, wenn sie einen Messeauftritt planen. Denn wie soll zum Beispiel ein Hersteller von Automatisierungstechnik seine Produkte und Problemlösungen auf einer Messe präsentieren? Indem er einige Kabel und Anschlüsse in eine Glasvitrine legt? „Dort liegen sie zwar gut“, scherzt Norbert Maier, Verkaufsleiter Deutschland, Österreich und Schweiz bei der Aktiengesellschaft KSB. „Doch wozu sie gut sind, erkennen die Besucher auf Anhieb nicht. Und schon gar nicht sehen sie, was die Problemlösung des Anbieters von denen seiner Mitbewerber unterscheidet. Um das zu erkennen, sind die Besucher auf die Erläuterungen des Standpersonals angewiesen.“

MESSEZIELE UND „SCHLÜSSELPRODUKTE“ DEFINIEREN.

Das gilt auch für die Produkte und Problemlösungen von KSB. Zwar erkennen zumindest Techniker und Ingenieure schnell, dass es sich bei ihnen vorwiegend um Pumpen, Armaturen und Automatisierungstechnik handelt, doch wo deren Stärken und die Unterschiede zu den Konkurrenzprodukten und den bisher eingesetzten Lösungen liegen, muss auch ihnen dargestellt werden – zumal viele KSB-Produkte ihre Vorzüge erst in den Systemen entfalten, in die sie integriert sind. Das erkannte KSB bereits vor Jahren. Entsprechend intensiv bereitet das Unternehmen sich und seine Mitarbeiter auf jeden Messeauftritt vor. „Auch weil die Beteiligung an einer größeren Messe““, so Verkaufsleiter Norbert Maier, „KSB unter dem Strich schnell einige 100 000 Euro kostet. Und diese Investition muss sich rechnen.“

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