Die Commodity-Strategie
Austauschbare Produkte sind nicht gerade das, wovon Verkäufer träumen. Der Einkauf sieht das anders.
Die Vorteile der Commodity-Strategie für Einkäufer
Nicht mehr mit zehn, sondern nur noch mit drei oder vier verlässlichen Lieferanten zusammenzuarbeiten – für den Einkauf ist das ein großer Vorteil, sagt Horst Bayer, der 30 Jahre als Einkaufsleiter in der Industrie tätig war und heute beide Seiten trainiert. Bessere Preise durch ein höheres Einkaufsvolumen, Rahmenverträge über standardisierte, nach Warengruppen kategorisierte Produkte, mehr Markttransparenz durch vereinfachte und damit vergleichbare Produkte – das sind die wesentlichen Vorteile einer Commodity-Strategie für Einkäufer.
Gerade das ist den meisten Verkäufern ein Dorn im Auge: Statt sich mit den Möglichkeiten einer Vereinfachung und Standardisierung ihrer Produkte auseinanderzusetzen, versuchen sie, diese erst recht zu verkomplizieren, bemängelt Bayer. Dies geschehe häufig, ohne dass sich der Vertrieb mit dem Beschaffungsprozess im Kundenunternehmen überhaupt auseinandergesetzt habe.
Da nach seiner Einschätzung rund 80 Prozent der Einkaufsabteilungen nach Commodity strukturiert sind, rät der Berater Verkäufern zum Perspektivwechsel: „Statt vom eigenen Produkt auszugehen, ist es zielführender, sich mit der Sicht des Einkaufs vertraut zu machen und herauszufinden, wie der Beschaffungsprozess beim Kunden organisiert ist. Im zweiten Schritt kann man überlegen, wie man diesem Prozess entsprechen kann“, so Bayer. Deshalb sollte sich der Vertrieb folgende Fragen stellen:
- Was bringt dem Einkauf verwertbaren Nutzen und wie erreiche ich die für meinen Kunden erforderlichen Lösungen?
- Welche Produkte lassen sich der jeweiligen Warengruppe zuordnen? Welche weiteren Produkte können wir vereinfachen und dieser Warengruppe zuordnen und mitanbieten?
Solche Überlegungen nutzen nicht nur dem Einkäufer, sondern auch dem Lieferanten, betont Bayer. Höhere Umsätze durch ein größeres Einkaufsvolumen, Planungssicherheitdurch langfristige Verträge sowie die Chance, auch die eigenen Herstellungsprozesse zu vereinfachen und zu optimieren seien Vorteile, die dem Lieferanten zugutekämen. Grundsätzlich liegen für den Einkaufsprofi die Chancen, sich vom Wettbewerb abzuheben, weniger in den Produkten als in den persönlichen Skills der Verkäufer:„Es entscheidet immer der Mensch, jede Geschäftsbeziehung basiert auf Vertrauen.“ Deshalb sei es keine gute Idee, den Einkauf bei allen Vorgesprächen zu meiden.
Was wirklich relevant ist
Da es bei der Commodity-Strategie immer um den Preis geht – und Preisverhandlungen bei vergleichbaren Produkten umso härter ausfallen – rät Bayers Beratungskollege Harald Klein, sehr genau zu prüfen, ob die eigenen Produkte wirklich Commoditys sind, denn: „Einkäufer nutzen diese Strategie, um Produkte abzuwerten. Oft geben sie vor, bestimmte Zusatznutzen seien für sie nicht relevant – da gilt es, genau hinzuschauen.“ Möglicherweise benötigen sie beides, Commodity und Nicht-Commodity – das gilt es im Vorfeld herauszufinden, um bei der Preisverhandlung eine bessere Position zu haben.
Grundsätzlich erklärt der Vertriebstrainer: „Wenn es nur ein einziges wesentliches Unterscheidungsmerkmal gibt, das für den Kunden relevant ist, handelt es sich nicht um Commodity.“ Sein Beispiel: „Angenommen, man ist der einzige Lieferant, der im Zielland des Kunden eine Fertigung hat: Das ist für den Kunden ein Mehrwert, weil er sich Transportkosten spart und die Produkte schneller verfügbar sind.“
Herauszufinden, was für den Kunden relevant ist, gehört deshalb zu den Hausaufgaben eines jeden Verkäufers. Klein rät, den Auswahlprozess des Kunden im Vorfeld durchzuspielen und seine Kaufmotivation zu hinterfragen. „Auf diese Weise lässt sich die Positionierung im Wettbewerb transparent machen und die eigene Vorgehensweise ableiten.“
Des Weiteren rät Klein, proaktiv zu versuchen, die spätere Anfrage und deren Spezifikationen im Sinne der eigenen Stärken zu beeinflussen. Dazu müssen Entwickler und Fachabteilungen im Kundenunternehmen die Produkte und Leistungen und deren Vorzüge kennen und intern nutzen wollen. „Noch erfolgversprechender ist diese Strategie, wenn die Schwächen der Mitbewerber bekannt sind und man sich gezielt dagegen positioniert“, so der Vertriebstrainer.
Für Preisgespräche rät er zu einem Verhandlungsprozess nach dem Prinzip „Geben und Nehmen“: So kann der Vertrieb das versteckte Limit des Einkaufs ausloten und statt einem Preisnachlass die Übernahme weiterer Leistungen anbieten. Außerdem empfiehlt er, weitere Chancen zu prüfen, wie etwa das Bundling mit anderen Projekten oder Zusatzleistungen wie Anarbeitung – sofern man weiß, dass dies für den Kunden einen Nutzen darstellt. Gleiches gilt für Argumente wie verbessertes Produkt-Design oder eine neue Fertigungstechnologie.
Über die Autoren:
ist Senior-Berater und -Trainer bei der auf den B2B-Bereich spezialisierten Vertriebsberatung Peter Schreiber & Partner, Ilsfeld. Vor seiner Beratertätigkeit arbeitete der Betriebswirt 30 Jahre in den Bereichen Einkauf, Logistik und Materialwirtschaft für die Fertigungs- und Investitionsgüterindustrie. Zuletzt war er Leiter Einkauf und Logistikbei einem Automobilzulieferer für Metallteile und Baugruppen.
hat das Verkaufen von der Pike auf gelernt. Er hat dabei über 13 Jahre lang Erfahrung in Vertrieb und Marketing von hochwertigen, beratungsintensiven Investitionsgütern und Dienstleistungen für eine branchenführende, amerikanische Unternehmensgruppe gesammelt: Als Key-Account-Manager im Bereich Automobil- und Werkzeugmaschinen-Industrie, Niederlassungsleiter und Leiter Vertrieb + Marketing.
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