In Unsicherheit planen und die Effizienz steigern – (wie) geht das im B2B-Vertrieb?

In Unsicherheit planen und die Effizienz steigern – (wie) geht das im B2B-Vertrieb?

Von Max Zuber – Winterthur,
Netzwerkpartner von PETER SCHREIBER & PARTNER

In den letzten Jahren erfolgreich zu wirtschaften war gerade und besonders in der D/A/CH-Region noch herausfordernder als zuvor. Neue Kriege, unsichere politische Entwicklungen, steigende Sozialausgaben und Steuern, Herausforderungen in der Digitalisierung, hohe Regulierungsdichte, Inflation etc.: Wie können sich Firmen in diesem unsicheren sich ständig bewegenden Umfeld erfolgreich und nachhaltig behaupten?

Ein Konzept ist VUCA. In den letzten gut 10 Jahren haben sich viele Firmen mit dem VUCA-Ansatz auseinandergesetzt und Herangehensweisen und best practices entwickelt.

Zunächst schauen wir an, was VUCA ist und dann was der Vertrieb mit VUCA zu tun hat.

Woher kommt VUCA?

VUCA als Konzept aus der Organisationsentwicklung steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität (Complexity) und Mehrdeutigkeit (Ambiguity). Damit wird die Fähigkeit von Organisationen und Teams beschrieben, Veränderungen schnell zu antizipieren, sich anzupassen, strategisch zu denken und kreative Lösungen zu entwickeln.

VUCA ist ein Begriff, der auf die beiden wissenschaftlichen Autoren Warren Bennis und Burt Nanus zurückgeht, den sie in ihrem Bestseller (1985) „Leaders: Strategies for Taking Charge“ entwickelt haben. In den 1990er-Jahren wurde VUCA zur Standardbeschreibung der modernen Umgebung, in der die US-Armee tätig ist. In der Organisationslehre im D/A/CH-Raum kam der Begriff in den 2010er Jahren stark in Mode. [1]

In der Unternehmensentwicklung beschreibt VUCA die Anforderung an Organisationen, sich an die hohe Komplexität und Fragilität von Märkten kontinuierlich anzupassen. Die Unternehmensentwicklung verfolgt dabei das Ziel, Prozess und Methoden so zu gestalten, dass Umsetzungsschritte flexibel und schnell erfolgen können, ohne den roten strategischen Faden der Unternehmung zu verlieren. Dies bedingt, dass ein Unternehmen ein tiefes Verständnis bereichsübergreifender Entwicklungen besitzt. Veränderungen müssen quer durch die Wertschöpfungskette vom Kunden via Vertrieb bis ins Backoffice entwickelt und vorangetrieben werden. Integriertes, flexibles Arbeiten über alle Bereichsgrenzen hinweg ist lebensnotwendig.

Welche Auswirkungen hat VUCA auf mein Unternehmen?
Meistern der Unsicherheit und Komplexität im Geschäftsalltag…

In der VUCA-Welt passen sich Unternehmen kontinuierlich an die sich verändernde geschäftliche Umwelt an und sie behalten gleichzeitig den roten Faden der Kernwerte und der Strategie im Auge. Kurze Entscheidungswege, hohe Fachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Transparenz in der Kommunikation bilden die Basis. Einige wichtige Elemente seien hier kurz skizziert:

  • Die Kunden und deren Kunden kennen:
    Klingt banal, ist es aber nicht. Ein tiefes und kontinuierliches Kundenverständnis ist der Schlüssel. Es ist ein Muss, nahe und kontinuierlich beim Kunden zu sein und seine Bedürfnisse zu verstehen.
    Das allein reicht heute aber nicht mehr. Wir müssen die Probleme und Herausforderungen unserer Kunden vertieft verstehen, will heißen im Idealfall kennen wir auch die Bedürfnisse der Kunden unserer Kunden (B2C2C). Dies erlaubt uns Veränderung früh wahrzunehmen und zu antizipieren und so unserem Kunden bei der Lösung seiner Herausforderungen zu unterstützen.

  • Werteorientierter Ansatz:
    Produkte und Lösungen müssen so entwickelt, produziert und vertrieben werden, dass der Nutzen für die Endkunden ersichtlich und erlebbar wird. Prozesse müssen damit bereichsübergreifend gestaltet und gelebt werden. Das geht vom Vertrieb über das Produktmanagement bis zur IT-Abteilung und Produktion. Nur so können Anpassungen am Produkt oder Service kontinuierlich erfolgen und damit nah am Kunden erstellt werden.

  • Strategie als Ambition und Leitfaden:
    Die Strategie eines Unternehmens sollte klar definiert und kommuniziert werden. Sie dient dabei als Orientierung und sollte eine Ambition ausdrücken im Sinne von «da wollen wir hin».

  • Schaffung von Transparenz und Orientierung mittels KPIs und Data Analytics:
    Da sich eine Organisation unter VUCA ständig an sich ändernde Bedürfnisse anpassen muss, kann es leicht sein, dass man vom strategischen Weg abkommt und nur noch opportunistisch unterwegs ist. Das ist eine der Hauptursachen, weshalb einige agile Organisationen wieder etwas zu klassischen Modellen zurückkehren. Der Aufbau von Schlüsselkennzahlen, welche auf die Messung der Wertorientierung eines Produkts ausgerichtet sind, sind ein Muss. Die Kennzahlen sind so aufgebaut, dass sie den Erfolg bei den Kunden messen. Um dies zu erreichen, empfiehlt es sich, die vorhandenen Daten im Unternehmen mit Hilfe von Data Analytics und evtl. der Verwendung von KI-Systemen auszuwerten.

  • Stringenz in den Prozessen vs. Flexibilität in der Business Architektur:
    Eine fundierte Business Architektur, welche auch die IT-Architektur miteinschließt, ist unerlässlich. Aus Sicht Vertrieb muss beispielsweise klar sein, welche Prozesse und Schnittstellen ihr Sales Middle Office hat und wo und wie es in ihr ERP integriert ist. Das ist aus der Gesamtschau wichtig und gibt Orientierung. Nur so können Prozesse gesamtheitlich und kundenorientiert in der Unternehmung dargestellt und effizient kontinuierlich gesteuert werden.

Kundenbindung im Fokus:
Der Vertrieb als Schlüssel zur erfolgreichen Kundenreise

Ich durfte ich in den vergangenen Jahren einige Vertriebsorganisationen bei ihrer Weiterentwicklung unterstützen. Aus meiner Erfahrung und aus der Diskussion mit verschiedenen Mitgliedern von Geschäftsleitungen ist der Vertrieb auch und gerade in VUCA-Zeiten ein wesentliches Element für den Geschäftserfolg:

  • Der Vertrieb ist die wichtige Schnittstelle zum Kunden:
    Eine intensive, kontinuierliche Kundenfrequenz und damit ein vertieftes Kundenverständnis ist eine Grundvoraussetzung, um erfolgreich im gegenwärtigen Umfeld bestehen zu können. Nur wenn ich meinen Kunden kontinuierlich auf seiner Reise begleite und präsent bin, wird er mich anrufen, wenn er ein Problem hat. Die kontinuierliche Beziehung zum Kunden ist die Basis für den Aufbau von Vertrauen in der Beziehung. Und nur so kann auch in unsicheren Zeiten eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung unterhalten werden.

  • Know Your Customer’s Customer:
    Kenne deine Kunden und die Kunden deiner Kunden und halte dieses Wissen aktuell. Eine 360° Sicht auf die eigenen Kunden und deren Bedürfnisse ist Basis für ein gutes Markt- und Kunden-Management. Dabei ist es wichtig, dass der Vertrieb Kundendaten kontinuierlich aktualisiert, auswertet und zur Verfügung hat.
    Es ist einfach: Der Kunde erwartet heute, dass wir vorbereitet bei ihm aufschlagen, seine Herausforderungen kennen und zusammen mit ihm an der Lösung seiner Probleme arbeiten. Dies ist einer der Gründe, weshalb in den letzten Jahren Betriebe in den Aufbau von SMOs (sales middle office / Informations- und Daten-Drehscheibe zwischen Front- und Back-Office sowie hin zur Geschäftsleitung) investiert haben. Der Vertrieb soll so administrativ entlastet und die von ihm benötigten Daten müssen ihm fristgerecht und kontinuierlich bereitgestellt werden.

  • Der Vertrieb als Key Stakeholder in der Produktentwicklung:
    Eigentlich logisch, spielt eine wesentliche Rolle bei der Definition für die Entwicklung neuer Produkte oder deren Anpassung. Er ist die „vorgelagerte Stimme des Kunden“ in der Firma. Werden neue Produkte agil entwickelt, kann der Vertrieb sehr früh in die Entwicklung einbezogen werden und die „Aussensicht“ einbringen.

  • Der Vertrieb als Datenlieferant:
    Noch wichtiger als früher, nicht nur im CRM. Als Pulsfühler am Markt und als Einbringer der Aussensicht in die Organisation. Durch die Orientierung zum Markt und zum Kunden kann der Vertrieb sehr früh Markttrends und Veränderungen wahrnehmen und diese kontinuierlich in die Organisation einspeisen. Viele Firmen haben dies mittlerweile erkannt und bauen ihre Datenarchitektur in der Organisation entsprechend auf.

  • Der Vertrieb als Glied in der Business Architektur:
    Dies stellt eine logische Schlussfolgerung aus der Wertorientierung und dem KYCC-Ansatz dar. Damit eine Unternehmung erfolgreich in der VUCA-Welt bestehen kann, ist ein kontinuierliches und tiefes Kundenverständnis notwendig. Betriebsprozesse und die gesamte Organisation müssen darauf ausgerichtet werden. Damit dies gelingt, muss der Vertrieb innerhalb des Betriebsmodells einer Unternehmung ein verstärktes gestalterisches Gewicht bekommen (siehe oben der Vertrieb als Hauptschnittstelle zum Kunden).
    Prozesse, Organisation, Abläufe, sie müssen alle auch und gerade mit der Sicht des Vertriebs entwickelt werden.

  • Der Vertrieb als Kommunikator nach innen:
    Um in der VUCA-Welt erfolgreich zu sein, braucht es eine kontinuierliche enge Kommunikation innerhalb einer Organisation. So können neue Bedürfnisse und Veränderungen erfasst und Veränderungen in die Organisation eingebracht werden. Aufgabe des Vertriebs ist es hier, die wichtige „Aussensicht“ einzubringen und entsprechende Bedürfnisse der Kunden zu kommunizieren.

Erkenne, antizipiere, handle! Kunden im Fokus des Erfolgs

Der Vertrieb ist der Taktgeber für Geschäftserfolg. In einer VUCA-Welt entwickeln sich erfolgreiche Unternehmen durch einen kundennahen Vertrieb, der Kundenbedürfnisse versteht, als dessen Stimme intern fungiert und Anforderungen einbringt. Kunden sollten ohne Zögern den Vertrieb als Vertrauenspartner für Problemlösungen ansprechen. Verzögerungen führen oft zu Verlusten.

Stärken Sie die Kundenbindung durch rasches und vertrauensvolles Handeln im Vertrieb!

[1] Hier ein paar nützliche Links als Referenz und zur Vertiefung:
https://www.vuca-welt.de
https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/vuca-119684
Buch : «Unternehmensentwicklung, Wissen Wege, Werkzeuge für Morgen», Barbara Heitger / Annika Serfass, Schäfer/Pöschel Verlag 2015

Der Autor:
Max Zuber, Inhaber der zubermax gmbh in Winterthur/Schweiz, ist Organisationsentwickler und Coach mit mehr als 25 Jahren weltweiter Erfahrung in Projekt- und Transformationsmanagement. Seine Expertise liegt in der Strategieumsetzung und im Coaching von Führungskräften in kritischen Situationen, einschließlich Themen wie Transformation, Leadership und Turnaround von Organisationen und Projekten.

Bildquelle:  santi_  / stock.adobe.com

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